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Emotionaler Abschied von Timo Boll: Ochsenhausen gewinnt das Liebherr TTBL-Finale und ist Deutscher Meister

Verabschiedung Hugo Calderano, Timo Boll und Simon Gauzy Foto: BeLa Sportfoto

(ttbl). Die Vorherrschaft von Borussia Düsseldorf in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) ist gebrochen. Die TTF Liebherr Ochsenhausen rangen den Rekordmeister am Sonntag im Liebherr TTBL-Finale mit 3:2 nieder und sicherten sich damit zum fünften Mal die Deutsche Meisterschaft. 5.000 Fans in der ausverkauften Süwag Energie ARENA in Frankfurt erlebten einen historischen Nachmittag und einen emotionalen Abschied von Tischtennis-Superstar Timo Boll.

Zahlreiche Sportlegenden hatten sich angekündigt und verneigten sich beim Liebherr TTBL-Finale noch einmal vor Timo Boll: Dirk Nowitzki, Fredi Bobic, Franziska van Almsick, Christian „Blacky“ Schwarzer und weitere waren dabei, um den Tischtennis-Superstar ein letztes Mal in Aktion zu erleben, dazu natürlich etliche große Namen der Tischtennis-Welt wie Jörg Roßkopf, Steffen „Speedy“ Fetzner, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska, und auch der ehemalige SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach war im Publikum zu finden.

Im vergangenen Jahr hatte Boll nach den Olympischen Spielen in Paris seine internationale Karriere beendet, nach dem Liebherr TTBL-Finale ist nun auch auf nationaler Ebene Schluss. 1996 hatte Boll als 15-Jähriger sein Debüt in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) gegeben, zwei Jahre später wurde er erstmals Deutscher Meister im Einzel. Bis zur ersten Meisterschaft in der TTBL dauerte es bis 2009, seitdem folgten viele weitere – eine 15. zum Abschied ist am Sonntag nicht hinzugekommen.

TTF Liebherr Ochsenhausen feiern drittes Double der Vereinsgeschichte

Die TTF Liebherr Ochsenhausen rangen Borussia Düsseldorf in der Süwag Energie ARENA mit 3:2 nieder und beendeten damit die Vorherrschaft des Rekordmeisters. Viermal in Folge hatten Boll und die Borussia von 2021 bis 2024 triumphiert, jeweils mit Finalsiegen gegen den 1. FC Saarbrücken TT, am Sonntag feierte Ochsenhausen zum fünften Mal die Deutsche Meisterschaft. Im Januar hatten die Schwaben bereits das Liebherr Pokal-Final Four für sich entschieden und damit den Deutschen Tischtennis-Pokal gewonnen. Für die TTF ist es das dritte Double der Vereinsgeschichte nach 2004 und 2019. Düsseldorf dagegen beendete erstmals seit 2020 eine Saison ohne Titel; zwei Wochen zuvor hatte die Borussia bereits das Finale der Champions League gegen den 1. FC Saarbrücken TT verloren, so die Meldung der TTBL.

„Unser Saisonziel war, einen Titel zu holen und vielleicht in zwei Finals zu stehen“, sagte Ochsenhausens Hugo Calderano im Anschluss am Dyn-Mikrofon. „Ich bin sehr, sehr glücklich, wie es gelaufen ist und dass wir am Ende so erfolgreich waren.“ Der Vize-Einzelweltmeister verlässt den Verein nach der aktuellen Saison, ebenso wie Simon Gauzy. Beide waren bereits beim Double-Gewinn 2019 ein Teil des TTF-Teams. Calderano konzentriert sich ab sofort auf seine internationale Karriere, Gauzy spielt künftig in Frankreich. „Ich spiele nicht mehr für Ochsenhausen, aber Ochsenhausen bleibt immer in meinem Herzen“, sagte Calderano.

Standing Ovations und Gänsehaut bei Bolls Aufholjagd

Boll spielte dabei am Sonntag nicht nur eine emotionale Hauptrolle, sondern auch eine sportlich-dramaturgische. Denn das Liebherr TTBL-Finale ging über die volle Distanz, das letzte Match des Tages wurde damit zugleich zum letzten Match des 44-Jährigen. Im Doppel trat Boll an der Seite von Anton Källberg an und hatte damit den Titel selbst auf dem Schläger – Ochsenhausen war letztlich aber zu stark. Doppel-Weltmeister Shunsuke Togami und Simon Gauzy waren perfekt abgestimmt, zeigten Weltklasse-Sport und machten mit ihrem 3:0 den Titel für Ochsenhausen perfekt.

Zuvor hatte Boll im Auftakteinzel an einer Sensation geschnuppert. Nach 0:2 Sätzen gegen Calderano kämpfte sich Boll zurück, zeigte all die Qualitäten, die ihn einst in die Weltspitze katapultierten hatten, und zwang den Weltranglistendritten in den Entscheidungssatz – den er schließlich denkbar knapp mit 9:11 zum 2:3 verlor. Die Süwag Energie ARENA tobte angesichts dieser Leistung, Standing Ovations der Fans sorgten für Gänsehaut-Atmosphäre, die Fotografen drängten sich um Boll, der noch eine Extrarunde durch die Box drehte, ehe er, sichtlich berührt, erstmal in den Katakomben verschwand.

Shunsuke Togami triumphiert in Einzel und Doppel mit 3:0

Bei Ochsenhausen durfte sich Togami als Spieler des Tages feiern lassen. Vor dem Erfolg im Doppel hatte der Japaner bereits im Einzel geglänzt und Källberg bei seinem 3:0-Sieg keine Chance gelassen. Dass die Borussia bis ins Doppel auf den Titel hoffen durfte, lag an Dang Qiu. Der 28 Jahre alte deutsche Nationalspieler zeigte sich in Bestform, schlug erst Gauzy (3:2) und im Spitzeneinzel dann auch Calderano (3:0).

„Shunsuke hat unglaublich gut gespielt, er hat sein bestes Level gezeigt und war auf den Punkt konzentriert“, sagte TTF-Trainer Bogdan Pugna, der seine erste Saison als Cheftrainer mit zwei Titeln krönte. „Wir hatten die gesamte Saison über eine tolle Mischung im Team mit drei Spitzenspielern und zwei Youngstern. Ich bin sehr dankbar und glücklich.“ Düsseldorf-Trainer Danny Heister blickte auf einen „emotionalen Tag“ zurück: „Timo, ich und die Mannschaft haben viel zusammen erlebt“, sagte er. „Wir haben heute ein gutes Spiel gemacht und können uns keinen Vorwurf machen. Gratulation an Ochsenhausen, am Ende haben sie verdient gewonnen. Wir haben alles gegeben – und greifen nächstes Jahr wieder an.“

Timo Boll: „Ich gehe mit viel Dankbarkeit“

Nachdem der erste Jubelsturm Ochsenhausens abgeklungen war, stand wieder Boll im Fokus. Während die Fans auf ihren Plätzen standen und den 44-Jährigen mit „Timo Boll“-Sprechchören feierten, gab es in der Box eine emotionale Abschiedsrunde, bei der zahlreiche Weggefährten einige Abschiedsworte sprachen und kurze Videogrüße weiterer Sportstars wie Felix Neureuther, Thomas Müller und Toni Kroos eingespielt wurden. „Du bist ein super Spieler und immer ein super Freund. Danke für alles“, sagte etwa Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT) mit Tränen in den Augen.

„Ich gehe mit viel Trauer und Wehmut“, sagte Boll. „Aber vor allem gehe ich mit viel Dankbarkeit. Dankbarkeit für so viele tolle Momente, die ich in meinem Herzen tragen darf, und Dankbarkeit für so viele tolle Freundschaften, die mir der Sport gebracht hat.“ Der siebenfache Olympia-Teilnehmer wird dem Tischtennis-Sport als Botschafter erhalten bleiben, sowohl für den Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) als auch für Borussia Düsseldorf. „Es ist schön, weiterhin für den Tischtennis-Sport da sein und etwas zurückgeben zu können. Ich freue mich auf meine neue Aufgabe und darauf, künftig mehr Zeit für meine Liebsten zu haben.“

5.000 Fans sorgen für Rekordkulisse in der Süwag Energie ARENA

Das Liebherr TTBL-Finale elektrisierte die Rhein-Main-Region und die gesamte Tischtennis-Welt. 5.000 Fans sorgten nicht nur für eine ausverkaufte Süwag Energie ARENA, sondern auch für eine Rekordkulisse und machten das Event damit für die ausrichtende Tischtennis Bundesliga zu einem großen Erfolg. „Es war ein großartiges Finale. Wir haben Weltklasse-Sport gesehen und eine unglaubliche Atmosphäre mit einem ausverkauften Haus erlebt“, sagte Nico Stehle, Geschäftsführer der Tischtennis Bundesliga GmbH. „Timo Boll steht wie kein anderer für den Tischtennis-Sport. Wir freuen uns sehr, dass wir den Rahmen für seinen Abschied bieten durften.“

Auch bei der medialen Reichweite setzte das Liebherr TTBL-Finale Maßstäbe. Sowohl in der ARD-„Sportschau“ als auch im ZDF waren am Sonntagabend mehrminütige Zusammenfassungen des Events zu sehen, die jeweils mehrere Millionen Menschen erreichten. Highlights des Liebherr TTBL-Finals gab es zudem in den regionalen Nachrichtenprogrammen von Südwestrundfunk (SWR) und Hessischem Rundfunk (HR) zu sehen. Der HR zeigt am Montag, 16. Juni, ab 21 Uhr außerdem die Dokumentation „Timo ‚Magic‘ Boll – Abschied einer Tischtennis-Legende“. Das gesamte Event wurde live bei TTBL-Medienpartner Dyn übertragen. Dort steht das Liebherr TTBL-Finale weiterhin als Re-Live und in verschiedenen Highlight-Formaten zur Verfügung. Bei Dyn ist derzeit zudem die achtteilige Dokumentation „Timo Boll – Der letzte Aufschlag“ verfügbar, die die einzigartige Karriere der deutschen Tischtennis-Legende beleuchtet.

Liebherr TTBL-Finale

TTF Liebherr Ochsenhausen – Borussia Düsseldorf 3:2
Hugo Calderano – Timo Boll 3:2 (11:4, 11:8, 7:11, 8:11, 11:9)
Simon Gauzy – Dang Qiu 2:3 (11:8, 11:8, 7:11, 4:11, 4:11)
Shunsuke Togami – Anton Källberg 3:0 (11:6, 11:1, 11:7)
Hugo Calderano – Dang Qiu 0:3 (8:11, 11:13, 5:11)
Shunsuke Togami/Simon Gauzy – Anton Källberg/Timo Boll 3:0 (11:7, 11:9, 11:6)