„Mehr Wettbewerbsfähigkeit, stabilerer Spielbetrieb“ – Rouven Ettner über das neue Pilotprojekt im Jugendspielbetrieb

Sinsheim/Odenwald (bfv). Zur Saison 2025/26 startet der Badische Fußballverband ein Pilotprojekt im Jugendspielbetrieb der A-, B- und C-Junioren in den Fußballkreisen Sinsheim, Mosbach, Buchen und Tauberbischofsheim. Was sich genau ändert und welche Ziele damit verbunden sind, erklärt Verbandsjugendleiter Rouven Ettner im Interview.
Zur neuen Saison startet ein Pilotprojekt in vier Fußballkreisen. Was steckt dahinter?
Rouven Ettner: Die Entscheidung basiert auf einem klaren Bedarf: Seit einigen Jahren sinken die Mannschaftszahlen in den betroffenen Kreisen Sinsheim, Mosbach, Buchen und Tauberbischofsheim kontinuierlich. Ein geregelter Spielbetrieb wurde immer schwieriger – die Spielklassen waren häufig zu klein oder zu leistungsgemischt, viele Spiele fielen aus oder mussten verlegt werden. In einer Umfrage unter den Vereinen haben uns 79 Prozent zurückgespielt, dass die aktuelle Form des Spielbetriebs nicht zukunftsfähig sei. Um dem entgegenzuwirken und den Jugendfußball langfristig abzusichern, haben wir gemeinsam im Verbandsjugendausschuss mit den Kreisjugendausschüssen ein neues Modell entwickelt.
Was war die größte Herausforderung im bisherigen System?
Rouven Ettner: Neben organisatorischen Problemen wie häufigen Spielabsagen oder ungleich starken Staffeln, hat uns vor allem die Zunahme an Vereinswechseln beschäftigt. Viele Spieler haben nach „stärkeren Jahrgängen“ gesucht – das erzeugt Unruhe und schwächt die Vereine. Mit dem neuen Modus wollen wir genau hier ansetzen.
Wie sieht das neue System konkret aus?
Rouven Ettner: Im Herbst spielen die Teams in regionalen Qualifikationsgruppen, deren Zusammensetzung sich aus den Vereinsmeldungen zum 15. Juli ergibt. Die besten Mannschaften qualifizieren sich für die Landesliga Odenwald, die ab dem Frühjahr ausgetragen wird. Die übrigen Teams spielen in regional angepassten Kreisligen weiter, die möglichst leistungshomogen eingeteilt werden.
Wie viele Teams kommen in die Landesliga?
Rouven Ettner: Das hängt von der Gesamtzahl der gemeldeten Mannschaften ab. Es werden mindestens sechs und höchstens zwölf Teams zugelassen. Die Frühjahresrunde wird dann flexibel gestaltet – als einfache oder doppelte Spielrunde, mit insgesamt mindestens 8 und maximal 14 Spielen.
Was passiert mit den Mannschaften, die sich nicht qualifizieren?
Rouven Ettner: Sie spielen im Frühjahr in leistungsgerechten Kreisligen weiter. Das garantiert auch dort einen fairen Wettbewerb. Auch Flex-Mannschaften dürfen teilnehmen – sie können zwar nicht aufsteigen, bekommen aber eine feste Rolle im Spielbetrieb.
Und was ist mit Sinsheimer Mannschaften, die bislang in der Landesliga Rhein-Neckar spielen?
Rouven Ettner: Diese Teams müssen sich entscheiden, ob sie künftig im Odenwald-Modell oder in der bisherigen Landesliga Rhein-Neckar spielen möchten. Ohne Rückmeldung bleiben sie automatisch in ihrer bisherigen Staffel.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Vorteile des neuen Modells?
Rouven Ettner: Wir schaffen leistungshomogene Staffeln, geben den Vereinen wieder eine sportliche Perspektive und den Spielern mehr Einsatzzeit. Gleichzeitig senken wir den organisatorischen Aufwand, etwa durch weniger Spielausfälle. Außerdem bleibt die Saison für alle Teams spannend: Im Herbst geht es um die Qualifikation, im Frühjahr um Titel oder Entwicklung – und zwar gegen möglichst gleichstarke Teams. Das fördert die Motivation enorm.
Gab es bei der Entscheidungsfindung Unterstützung aus den Kreisen?
Rouven Ettner: Absolut. Die Idee wurde gemeinsam mit den vier Kreisjugendleitern und unserem Jugendspielleiter in einer Arbeitsgruppe entwickelt. Der Verbandsjugendausschuss hat den Vorschlag aufgegriffen und in seiner Sitzung am 26. Februar 2025 beschlossen. Am 15. März hat der Verbandsvorstand das Projekt final bestätigt.
Wie sieht die Perspektive über die Saison 2025/26 hinaus aus?
Rouven Ettner: Die Struktur soll auch in der Folgesaison 2026/27 fortgeführt werden. Wir starten dann wieder mit der Qualifikationsrunde, ausgenommen ist nur der Meister der Landesliga, der in die Verbandsliga aufsteigt. Je nach Erfahrung sind Feinjustierungen möglich. Und: Wenn sich das Modell bewährt, kann es auch auf andere Regionen übertragen werden.
Welche Rückmeldungen wünschen Sie sich von den Vereinen?
Rouven Ettner: Wir freuen uns über jede konstruktive Rückmeldung – ob Lob oder Kritik. Nur im Dialog mit den Vereinen können wir das Modell dauerhaft zum Erfolg führen. Deshalb haben wir schon in der Erarbeitungsphase mit den Vereinen über die Idee diskutiert und das Feedback von rund 100 Vereinsvertretern in unser Konzept einfließen lassen. 89 Prozent von ihnen sind der Meinung, dass das vorgestellte neue Modell helfen kann, den Spielbetrieb zu stabilisieren. 90 Prozent haben uns mitgeteilt, dass sie das Projekt für geeignet halten, einen attraktiven Spielbetrieb zu gewährleisten.
Was verspricht sich der bfv langfristig von diesem Modell?
Rouven Ettner: Wir wollen den Spielbetrieb flexibler, fairer und attraktiver gestalten – und das gelingt besser, wenn wir zunächst die Leistungsstärke auf dem Platz ermitteln und dann die Ligen einteilen. Gleichzeitig verringern wir durch die regionale Qualifikation auch die Fahrtzeiten im Herbst, was gerade für junge Spieler und ihre Familien ein wichtiger Faktor ist. Wir sind gespannt auf die Erfahrungen in diesem Pilotjahr – und hoffen auf eine aktive Beteiligung und ehrliches Feedback der Vereine.