Verdächtigungen, Vorurteile und Verhaftungen – Weibliche Fußball-Fans in Europa
Karlsruhe (mia). “Stell dir vor, du musst deine Identität ändern, nur um ein Fußballspiel sehen zu können.” Absurd? Genau das müssen die mutigen Iranerinnen tun, wenn sie ein Fußballspiel im Stadion sehen wollen, erklärt Iranerin Zahra von der Initiative OpenStadiums. Werden die Frauen erwischt, werden sie verhaftet. Und was Gefängnis für die Frauen im Iran bedeuten kann, sieht man derzeit täglich.
Verhaftungen
Gefängnis und Todesangst, weil man in ein Fußballstadion geht? Ja. Denn der Iran ist weltweit das einzige Land, in dem es Frauen verboten ist, Fußball im Stadion anzuschauen. Aber auch hier, gerade hier, wo sich die iranischen Frauen gerade einen erbitterten Kampf um ihre für Europäer selbstverständlichen Rechte gegen die brutalen Herrscher einsetzen und dafür sterben, gibt es weibliche Fußballfans.
Die Initiative OpenStadiums setzt sich dafür ein, dass überall auf der Welt Frauen in Stadien dürfen. Auch die 35-jährige Zahra ist ein großer Fußballfan. Als 15-Jährige wollte sie ein Spiel sehen. durfte aber nicht. Sie demonstrierten für ihre Rechte. Aber bis es zur WM 2018 soweit war, dass Frauen zur Videoübertragung ins Stadion durften, mussten sich die Frauen als Männer verkleiden, um ins Stadion zu kommen.
Zahra erzählt ihre Geschichte im Video, welches Teil der Wanderausstellung „Fan.Tastic Females – Football Her.Story“ ist. Die Ausstellung lädt noch bis 3. November ins Regierungspräsidium Karlsruhe und bietet dort zahlreiche Geschichten und Eindrücke von Frauen als Fans im europäischen Fußball.
Verdächtigungen und Vorurteile
Frauen in Deutschland sahen sich anderen Problemen gegenüber, wenn sie als Fan in Stadion gehen. Helen ist Fan vom SC Freiburg. Mit drei Jahren war sie das erste Mal im Stadion mit ihrem Vater. Heute ist sie im Supporters Club und im Fannetzwerk Unsere Kurve engagiert.
Sie wurde oft mit Vorurteilen konfrontiert. „Es war für mich insgesamt sehr einschneidend, zu merken, dass ich anscheinend weniger wert bin, wenn ich in einem Bus auswärts fahre, dass ich anders behandelt werde.“ Mit der Polizei habe sie „schwierige Erlebnisse gehabt, die sie in ihren „Grundfesten erschüttert“ haben, berichtet sie. Auch das wollen die Supporters und Fannetzwerke ändern und darauf aufmerksam machen.
Zivilpolizistin?
Verdächtigungen war auch Julia ausgesetzt. Als Frau alleine im Block wurde sie lange verdächtigt, eine Zivilpolizistin zu sein. Aktuell seien Frauen akzeptierter, andererseits seien sie im Stadion auch weniger geworden, so ihr Eindruck.
Als Kind stand Julia bereits im Tivoli Stadion Innsbruck und schaute „sehnsüchtig auf die Nordtribüne, wo die Ultras der Verrückten Köpfe Stimmung machten“. Heute steht sie selbst dort, hat schon so einige Auf- und Abstiege mit ansehen müssen und andere merkwürdige Situationen erlebt. Seit acht Jahren engagiert sie sich in der Faninitiative Innsbruck und setzt sich dort für einen Fußball für alle ein.
Ultras sind nur männlich?
Ultras sind nicht nur Männer. Auch viele Frauen sind Ultras, unterstützen ihren Verein bei jedem Spiel mit Gesängen, Stimmung, Fahnen, Bannern, Choreografien – mit ganzem Herzen. Auch in Deutschland gibt es bereits reine weibliche Ultragruppen, aber auch gemischte.
Türkin Uhde ist ein weiblicher Ultra von Fenerbahce SK. 2011 erlebte sie ihr erstes Spiel live im Stadion – ein außergewöhnliches, denn es fand nur vor Frauen und Kindern statt. 40.000 waren zum Heimspiel gekommen. Uhde war sofort klar, dass sie regelmäßig ins Stadion gehen würde und ist heute Teil einer studentischen Ultragruppierung.
Ausstellung zu „Fan.Tastic Females – Football Her.Story“
Die Ausstellung „Fan.Tastic Females – Football Her.Story“ wurde vom KSC-Fanprojekt nach Karlsruhe geholt. Auch beim Karlsruher SC gibt es immer mehr weibliche Fans, die ins Stadion kommen und sich engagieren.
Wer die Ausstellung sehen möchte, findet sie bis 3. November im Regierungspräsidium und kann sich dort auch einen QR-Code holen, mit dem man zuhause die zahlreichen Videos über die weiblichen Fußball-Fans anschauen kann.