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Sport aus Karlsruhe und der Umgebung

Deutsche Bundesligateams, die in eSport investiert haben

König Fußball regiert in Deutschland längst nicht mehr nur auf dem Rasen. Immer mehr Profivereine sind auch virtuell im Sport aktiv. Seit der Gründung der virtuellen Bundesliga 2012 kommt dabei der eSport verstärkt aus seinem ursprünglichen Nischendasein heraus.

Von Emilia Mayer

Den Ursprung hat die auf Konsolen ausgetragene Liga in dem klassischen FIFA-Spiel. Das Grundprinzip ist so einfach wie beim Kicken in Arkadenspielen oder auf Slots, nur dass es bei FIFA nicht aufs Spielautomaten-Tipps kennen ankommt.

Die erste Ausgabe der mittlerweile zum internationalen Superhit gewordenen Fußballsimulation kam 1993 als Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in den USA unter dem Titel “FIFA International Soccer” auf den Markt. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen, und schon bald gab es neue, verbesserte Auflagen. Mittlerweile wird jeden Herbst eine neue Ausgabe herausgebracht, die auch in Deutschland regelmäßig die Verkaufscharts toppt.

Die besten Konsolenkicker weltweit wetteifern dann in diversen Ligen um die Qualifikation für den FIFA eCup, der auf Xbox und Playstation ausgetragen wird. Die virtuelle Bundesliga ist eine der Ligen, wobei es hier außer um die Teilnahme an dem hochkarätigen Turnier zusätzlich um den deutschen Meistertitel im eFußball geht.

Obwohl in der Bundesrepublik im Gegensatz zu etlichen anderen Ländern virtueller Fußball nicht als offizieller Sport anerkannt wird, sehen zahlreiche Fußballclubs das anders. Sowohl in der 1. Bundesliga wie auch in der 2. Liga haben etliche Vereine mittlerweile außer den Profis auf dem grünen Rasen zusätzlich Fußballtalente an der Konsole unter Vertrag.

Den Anfang im eSport hat dabei der VfL Wolfsburg gemacht. Seit 2015 besitzen die Wölfe ihre eigene virtuelle Abteilung. Ein Jahr später gesellte sich Schalke 04 dazu. Die Schalker gaben sich aber nicht allein mit Konsolen-Kickern zufrieden, sondern wurden zudem im eSport mit einem Team für “League of Legends” aktiv.

Bayer Leverkusen verpflichtete Ende 2017 seinen ersten virtuellen Fußballprofi, kurz nachdem RB Leipzig sich ebenfalls für den Einstieg in den eSport entschieden hatte. Seit 2017 ist auch der VFB Stuttgart mit eigenen Computerkickern bei der Titeljagd dabei. Kleiner hat Hertha BSC Berlin im gleichen Jahr angefangen. Statt von vornherein einen FIFA-Profi zu engagieren, setzte der Hauptstadtclub zunächst auf die Gründung einer eSport-Akademie in den eigenen Reihen. Der 1. FC Köln gab 2018 der Verlockung nach und verpflichtete in Partnerschaft mit SK Gaming seine ersten virtuellen Fußballer.

In der 2. Bundesliga machte der VfL Bochum den Anfang. Seit 2017 hat der Club zwei FIFA-Profis unter Vertrag. Kurz danach stieg auch der 1. FC Nürnberg mit den ersten Verpflichtungen in den eSport ein. Die deutschen Fußballclubs in der virtuellen Bundesliga haben seitdem zahlenmäßig kräftig zugelegt. Unter anderem sind Eintracht Frankfurt, Borussia Mönchengladbach, der 1. FSV Mainz 05, FC Augsburg, Werder Bremen, der HSV und der FC St. Pauli aktiv dabei, was Konsolen-Turniere anbetrifft.

Im Gegensatz zu den realen Turnieren wird FIFA dabei nicht von einigen wenigen Clubs dominiert. Weil das Spiel jedes Jahr Veränderungen erfährt und die Turniere jeweils nur mit der neuesten Version ausgetragen werden, kommt es ständig zu Überraschungen.

Amtierender Meister der in Gruppe A und Gruppe B aufgeteilten virtuellen Bundesliga ist der RB Leipzig, der sich im Finale gegen den FC St. Pauli durchgesetzt hat. Außerdem sind derzeit die Nordclubs Werder Bremen und HSV sowie der FC Ingolstadt 04, 1. FC Heidenheim und der 1. FC Köln mit dabei.

Den ersten virtuellen Titel für Leipzig in der Geschichte des Vereins holte der erst 16 Jahre alte Däne Anders Vejrgang, der auch als Mitfavorit um den Weltmeistertitel, den FIFA eCup, gilt.

Der ist erstmals 2019 an einen bei einem deutschen Club unter Vertrag stehenden Kicker gegangen. Damals holte Mohammed “MoAuba” Harkous gemeinsam mit seinem Teamkollegen Christian “MegaBit” Bitner für Werder Bremen zunächst den deutschen Meistertitel. Anschließend wurde “MoAuba” dann in London nach spannenden Duellen auf der Konsole zum Weltmeister im FIFA 20 gekürt. Der Championtitel brachte ihm zudem eine Siegesprämie in Höhe von 250.000 US-Dollar ein.

In Bremen blieb der Weltmeister danach allerdings nicht mehr lange. Stattdessen wechselte er in die Schweiz zum Fokus Clan. Seinen Spitznamen verdankt der seit 2015 im eSport aktive “MoAuba” Kickern auf dem echten Rasen, die Ähnlichkeiten zwischen seinem virtuellen Spiel und dem Arsenal-Profi Pierre-Emerick Aubameyang sahen.

Wie schnell sich die Dinge bei FIFA ändern können, musste der frischgekürte Weltmeister allerdings schon bald erfahren. “MoAuba” verlor im Herbst 2020 in dem erst kurz zuvor erschienenen FIFA 21 gegen den damals gerade mal 14 Jahre alten Anders Vejrgang, der zu dem Zeitpunkt sensationelle 180 Spiele in der Weekend-League lang ungeschlagen war. Das Ergebnis von 6:0 zugunsten des dänischen Nachwuchsstars war so eindeutig wie schmerzlich für “MoAuba”.

Dass Vejrgang für Leipzig fast schon ein Erfolgsgarant sein würde, stand spätestens nach dem beeindruckenden Turnier fest. Mit mehr als 50.000 Zuschauern auf dem Sport-Streaming-Kanal Twitch gehörte das Match zwischen dem alten und dem künftigen deutschen Meister zu den meistgeschauten virtuellen Fußballspielen.


Bild von Jan Vašek auf Pixabay

Dass ein Neuling so rasch einen erfahrenen Profi entthronen kann, ist eine der Sachen, die FIFA selbst nach mehr als einem Vierteljahrhundert spannend halten. Ermöglicht wird das durch die alljährliche Erneuerung des Spiels. Während sich beim echten Fußball Kader aufeinander einspielen und sich auch bei Teams in den großen eSports-Events wie “Dota 2”, “League of Legends” und “Fortnite” die Spieler langsam aufeinander einstellen, müssen die Kicker bei einem Wechsel im Zwölf-Monats-Rhythmus ständig umdenken und ihre Technik und Strategie an die Neuerungen anpassen.

Das hält das Spiel jung und verhindert zugleich in den meisten Fällen eine Dominanz wie sie in der echten Bundesliga durch den Rekordmeister Bayern München existiert. Zwar gibt es auch im virtuellen Fußball herausragende Talente wie eben “MoAuba” und Anders Vejrgang, aber selbst kleine Veränderungen im Spiel an sich können große Auswirkungen beim Kicken auf der Konsole haben.

Für die virtuelle Bundesliga bedeutet das, dass selbst die kleineren Clubs eine Chance gegen die Schwergewichte auf dem Rasen haben. Nicht umsonst hat es der seit etlichen Jahren in der 2. Bundesliga spielende Hamburger Club St. Pauli bis ins Finale gegen den deutlich reicheren Erstligisten RB Leipzig geschafft.

Hinzu kommt, dass im Vergleich zu den Spitzenstars auf dem Rasen die virtuellen Sportler nur einen Bruchteil des Geldes kosten. Sogar die kleineren Vereine können sich im Regelfall einen oder zwei Gamer leisten, die für sie an der Konsole antreten. Für die Fans bedeutet das, dass sie noch mehr Möglichkeiten haben, ihren Sport zu sehen oder aber selbst zum Controller oder den Stollenschuhen zu greifen und drauflos zu kicken. König Fußball regiert die Welt in verschiedensten Formen.