Karlsruher SC

KSC-Supporters: „Sinnhaftigkeit von Kollektivstrafen“

Karlsruhe (ps). Die Supporters des Karlsruher SC wenden sich in einem Kommentar „zur Sinnhaftigkeit von Kollektivstrafen“ an die Öffentlichkeit. Der KSC hatte das letzte Heimspiel der Saison nahezu ohne Fans bestreiten müssen, nachdem der DFB die Karlsruher aufgrund einiger Fan-Vorfälle bestraft hatte.

Der Kommentar der Supporters:

„Das letzte Heimspiel der zu Ende gegangenen Saison ist nun eine Woche her und wir wollen jetzt am Ende der Saison nochmals auf das Geisterspiel vor einer Woche zurückblicken.

Der Heimabschluss einer wahrlich gruselig (schlechten) geisterhaften Runde, bei der man rein sportlich gesehen, dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) in irgendeiner Form vielleicht noch dankbar sein konnte, dass unser aller Drang, der uns jedes Wochenende erfasst und uns in Richtung Stadion zu einem Spiel unserer Blau-Weißen zieht, in dieser Saison jäh unterbrochen wurde und wir so nur am Rande mit einer weiteren Niederlage konfrontiert wurden. Unser aller Drang? Stopp und zurück zum Anfang…! Nicht ganz.

Der DFB hat in seiner Urteilsbegründung davon gesprochen, dass die Sanktion aufgrund der Vorkommnisse in Stuttgart „eine außergewöhnliche sein“ müsse. Demnach also eine Neuinterpretation des Begriffs „Geisterspiel“ durch die Urteilenden des DFB-Sportgerichts. Denn das letzte Heimspiel war beileibe kein Geisterspiel. Konnten doch alle unerschrockenen Sitzplatz-Dauerkartenbesitzer und die wichtigen Premiumkunden (neudeutsch: VIP´s), ebenso wie max. 2.400 Gästefans das Spiel (oder Leiden?) im Stadion mitverfolgen. Einzig die in Sippenhaft genommenen Inhaber einer Stehplatz-Dauerkarte und den „kurzentschlossenen“ Tageszuschauern wurde der Eintritt verwehrt. Wir haben bei dieser Strafe wieder einmal erfahren, wie es ist, von einer Paralleljustiz „abgeurteilt zu werden“.

Was bedeutet eigentlich der Begriff „Strafe“? Wikipedia beschreibt in einfachen Worten, dass die Strafe „eine Sanktion gegenüber einem bestimmten Verhalten, das im Regelfall vom Erzieher oder Vorgesetzten als Unrecht bzw. als (in der Situation) unangemessen qualifiziert wird.“ darstellt. Das Aussprechen einer Strafe wird heutzutage (übrigens mit höchstrichterlichem Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts) mit unterschiedlichen Ansätzen begründet ausgesprochen. So unter anderem damit, den Bestraften zur Veränderung zu einem Besseren anzuregen, Nachahmer abzuschrecken, andere zu schützen und letztlich Gerechtigkeit gegenüber anderen wieder herzustellen. Man kann nun durchaus kritisch hinterfragen, welche der vorgenannten Ansätze in unserem Falle herangezogen wurden. So sind wir auch der Auffassung, dass solche Kollektivstrafen keine der oben genannten Ansätze verfolgt, in der Sache nicht hilfreich sind und das Problem am Ende nicht lösen. Dies zeigen die Vergangenheit und der Blick auf andere Vereine eigentlich recht deutlich. Erreicht man durch Kollektivstrafen zwangsläufig eine Sympathisierung innerhalb der betroffenen Menschengruppe? Was also erhofft sich der DFB von solchen Strafen?

Im Übrigen sprechen diese Urteile sogenannte „Richter“ aus, die einem Sportgericht vorsitzen, mit dem der DFB in der Vergangenheit bereits gegenüber Zivilpersonen eine aus unserer Sicht nicht akzeptable Paralleljustiz aufbaut und über die im Verband organisierten Vereine Anwendung und Durchsetzung (quasi als Vollstrecker) findet. Entgegen der Schattenjustiz des (über-)mächtigen Verbandes ist nicht nur unserem, sondern auch dem Verständnis des Rechtsstaats nach das Richteramt mit diversen Anforderungen belegt, die vor allem auf ein faires (transparentes) Verfahren abzielen. So ist hierbei unter anderem auch die Unbefangenheit zu garantieren. Wenn man rückblickend die verschiedensten Urteile des Sportgerichts betrachtet, kann man möglicherweise auch wegen der fehlenden Transparenz der Urteile, durchaus Zweifel an der Unabhängigkeit der Urteilenden haben, die ja von dem Verband ernannt werden, derem Gericht sie letzten Endes vorsitzen und dessen Interessen sie vertreten. Hier passt unseres Erachtens das alte Zitat aus George Orwells „Animal Farm“: „Alle sind gleich, nur einige sind gleicher.“

Die Sportgerichtsbarkeit sollte sich unserer Meinung nach ausschließlich um das für den Verband Wesentliche, den Sport an sich und die Verfehlungen von Vereinen bspw. gegen Lizenzauflagen kümmern und hierbei seine Hausaufgaben bei der Schaffung der dringend notwendigen Transparenz erledigen. Das Aussprechen von Sanktionen gegen Zivilpersonen sollte sie hingegen ausschließlich den ordentlichen Gerichten und unabhängigen Richtern überlassen. Im Übrigen sind vor einem solchen Gericht die Strafen bzw. das Strafmaß entsprechend transparent definiert und im Urteil begründet nachvollziehbar. Was man von den Urteilssprüchen der DFB-Justiz nicht behaupten kann. Denn betrachtet man hier vergangene Urteile, kann jeder für sich die Frage beantworten, ob es für vergleichbare Vorfälle vergleichbare Strafen gab. Aber scheinbar sind vor dem DFB (-Richter) eben doch nicht alle Vereine gleich und manche dann doch gleicher. Und im Falle unseres Geisterspiels gibt es scheinbar gleichere Fans unter gleichen. Gefährliche unter Gefährlicheren? Friedliche unter friedlicheren? Wo beginnt die Definition und wo endet sie?

An dieser Stelle sei auch die Frage an den Verband gestattet, inwieweit der DFB tatsächlich Kompetenzen im Bereich Fanarbeit vorweisen kann. Ein Thema, welches aufgrund der Komplexität, der unterschiedlichsten Zusammenhänge und Einflussfaktoren nicht durch einen überschnellen Richterspruch (wohlgemerkt auch nicht durch eilig einberufene politische Fußballgipfel) Berücksichtigung finden kann. Was sonst würde erklären, weshalb man die Vollstreckung ausgerechnet für die Partie gegen Dresden angeordnet hat? Wo jeder mit etwas Sachverstand im Bereich der Fanarbeit weiß, dass Dresden bundesweit eine sehr große Anhängerschaft mobilisiert und bei jedem Spiel zu erwarten ist, dass mehr Fans den Verein begleiten, als Karten im Vorverkauf abgesetzt wurden. Der Stopp des Vor- und Tagesverkauf rechtfertigt gewiss nicht die stattgefundene Eskalation beim Einlass und beim Catering im Auswärtsbereich. Im Gegenteil, die Gewalt ist klar zu verurteilen, dennoch müssen sich die Urteilssprecher den Vorwurf gefallen lassen, unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen eine Eskalation wissentlich in Kauf genommen zu haben.

Fanarbeit? Lizenzauflage!

Wenn man nun versucht, all dies sachlich zu betrachten, kann man durchaus die Frage stellen, ob die Institutionen des DFB und der DFL eine entsprechende Kompetenz im Bereich der Fanarbeit nachweisen können? Fordert daher die DFL in den Lizenzauflagen eine Fanarbeit von den Vereinen ein, die sie selbst nicht lebt und ausgestaltet? Was aber tut der Verein um den ihm gegebenen Auflagen gerecht zu werden? Ist dem KSC die Fanarbeit entsprechend wichtig wie die wehrlose Durchsetzung von DFB-Urteilssprüchen (auch in der Vergangenheit, bspw. der Rangnick-Vorwurf)? Wo bleibt dann der u.a. in den Auflagen geforderte (Fan-)Dialog? Wo bleibt die sachliche Aufarbeitung der Vorkommnisse der letzten Wochen (oder früher)? Ein Transparent („Verein(t) gegen Gefährdung und Gewalt – Wahre Fans unterstützen friedlich!“) ist aus unserer Sicht noch lange keine Fanarbeit. Nebenbei bemerkt wurden dadurch zum Glück keine kostbaren Werbebanden überhängt, wohingegen die Fans (kritische) Plakate oft genug wegen den Werbebanden abhängen mussten. Halt! Zu kurz gedacht von uns… Denn, mit den „Chaoten“ da drüben (in deren Richtung das Transparent zeigt) lässt sich ja durch Bilder und Fernsehmitschnitte bei Jubel, Trauer, Choreos und Stimmung genau mit eben diesen überhängten Banden schönes Geld verdienen. Wie ist es seitens des Vereins zu erklären, dass in der Vergangenheit wenig Dialog, aber seit dem Ausscheiden von Herrn Schattling (Ein Dank an dieser Stelle für sein Engagement!) gar kein Dialog mehr stattfindet? Ist das etwa die von der DFL geforderte Fanarbeit seitens des Vereins? Wahrscheinlich würfeln die Herren gerade aus, wer mit dem ungeliebten Pöbel sprechen soll… Den Herrschaften sei das bundesweit beachtete 3-Säulen-Modell (Fanprojekt, Fanbetreuung und Supporters) aus Karlsruhe einmal ans Herz gelegt! Das, liebe Herren des Präsidiums, ist Fanarbeit und zu späterer Zeit auch mal der Aufarbeitung in einem ausführlichen Artikel wert um es allen wieder ins Gedächtnis zu rufen. In diesem Modell hat auf jeden Fall auch der Verein seinen Platz (wenn er ihn ausfüllen möchte).

Man könnte natürlich auch sagen, der Verein hat doch einen Fanbeauftragten, der ist doch für die Fanarbeit zuständig, alle Auflagen erfüllt. Haken dran, setzen! Wer dies jedoch denkt, der irrt gewaltig. Richtig ist auch, dass auch die Arbeit des Fanbeauftragten Fanarbeit ist. Diese konzentriert sich aber nicht auf ihn und beginnt in erster Linie bei den Verantwortlichen des Vereins, den Herren des Präsidiums. Schaut man sich dann einmal die Rahmenbedingungen der Fanbetreuung unseres Vereins genauer an und setzt diese in den Vergleich mit anderen Vereinen (auf unserem Vereinsniveau) dann muss man sich eingestehen, dass wir uns hier vielleicht gerade so auf Regionalliganiveau, bei weitem nicht auf Drittliganiveau und schon gar nicht auf dem Niveau eines Profivereins der ersten und zweiten Bundesliga bewegen. Vielleicht sollten sich das die Verbände mal auf die Fahnen schreiben in ihrer privaten „Klüngelgerichtsbarkeit“ und Schattenjustiz und die Vereine verurteilen und sanktionieren und die Verurteilung der Fans und Besucher eines Fußballspiels dem Rechtsstaat und der ordentlichen Justiz überlassen.

Was bleibt am Ende von der Öffentlichkeit nahezu nicht wahrgenommen?

Die ausgeschlossenen Karlsruher Fans haben im Rahmen eines Fanmarschs und vor dem Stadion lautstark und friedlich gegen Kollektivstrafen protestiert und somit aus unserer Sicht auch gezeigt, dass es ein Fehler ist durch das Abstrafen vieler, zu versuchen, einzelne zur Rechenschaft zu ziehen!

In diesem Sinne, denn vom DFB „lassen wir uns unsere Liebe nicht nehmen…“!“, so der gesamte Wortlaut des Supporters-Kommentars.