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Sport aus Karlsruhe und der Umgebung

Frauenfußball gestern und heute

Die Fußball-WM der Frauen im Jahr 2019 hat erneut gezeigt, dass Frauenfußball dynamisch und spielerisch anders ist und genau deswegen das breite Publikum in Begeisterung versetzt. Dabei mussten die Spielerinnen bis in die 70er gegen zahlreiche Tabus in der Gesellschaft kämpfen, um letztendlich in der männerdominierten Sportbranche Akzeptanz zu finden. Hier folgt der kurze Werdegang des Frauenfußballs.

Von Ramune Jagelaviciute

Die Geburtsstunde des Frauenfußballs

Dreißig Jahre nach der Vereinheitlichung der Fußballregeln von der englischen Football Association im Jahr 1863 wurde die erste Frauenmannschaft der Welt auf die Beine gestellt. Nettie J. Honeyball, eine britische Frauenrechtsaktivistin, initiierte die Gründung des British Ladies’ Football Clubs. Bald folgte das erste Spiel der Frauen zwischen England-Nord und England-Süd, das tatsächlich von etwa 10.000 Zuschauern verfolgt wurde. Während des Ersten Weltkrieges entwickelte sich Frauenfußball zu einer beliebten sportlichen Attraktion. Fast jede englische Stadt stellte ihre eigene Frauenmannschaft auf. Spitzenspiele zählten oft mehr als 50000 Zuschauer. 1921 wurde den Frauen in England jedoch die Benutzung der Stadien trotz des hohen Interesses in der Bevölkerung verboten, da der Sport in den Augen des englischen Verbands „zu männlich“ für das weibliche Geschlecht war.

Neben England erlangte Frauenfußball auch in Frankreich hohe Popularität. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche Mannschaften sowie ein eigener Frauensportverband aufgebaut. Unter diesem Verband wurden Landesmeisterschaften und Pokalwettbewerbe ausgetragen. Die erste internationale Begegnung fand 1920 zwischen England und Frankreich statt. Doch auch in Frankreich wurden die Spiele der Frauen nicht offiziell anerkannt.

In zahlreichen anderen Ländern wurden sporadisch Frauenmannschaften gegründet. Zu einer ernsthaften Fortentwicklung kam es jedoch nur in den seltensten Fällen. Der konservative Geist der Ära verhinderte vielerorts den Zugang der Frauen zu Sport. So auch in Deutschland. Die ersten organisierten Fußballspiele der Frauen fanden bereits 1922 statt. 1930 entstand der erste Frauenverein in Frankfurt unter der Leitung der deutschen Spielerin Lotte Specht. Doch bis in die 70er Jahre war es kaum möglich, die gesellschaftliche Akzeptanz der Frauen im deutschen Fußball durchzusetzen.

Internationale Anerkennung in den 1970ern

Die 70er Jahre leiteten weltweit einen Sinneswandel ein. Die Frauenbewegung der 60er und 70er veränderte nach und nach das traditionelle Frauenbild in der Gesellschaft, was auch im Fußball zum Meinungsumschwung führte. Wichtiger Wendepunkt in der Geschichte des Frauenfußballs wurde das Jahr 1971: Die erste Frauenweltmeisterschaft wurde organisiert, wenn auch inoffiziell. Gastgeberland war Mexiko, das bereits ein Jahr zuvor die Fußball-WM der Herren ausgetragen hatte. Das Fußballfieber der vergangenen Monate übertrug sich auf die Begegnungen der Frauen. Nicht nur die Zuschauer bejubelten die spannenden Spiele, sondern auch Medien und Sponsoren, die weltweit Publicity für die inoffizielle WM machten.  

Die erste offizielle Kontinentalmeisterschaft im Frauenfußball wurde schließlich unter dem Namen Fußball-Asienmeisterschaft der Frauen 1975 in Hongkong ausgetragen. Neben Thailand, Singapur, Hongkong und Malaysia nahmen auch Neuseeland und Australien am Turnier teil. Die erste Siegermannschaft des Events wurde Neuseeland nach einem 3:1-Sieg über Thailand.

1984 veranstaltete die UEFA die erste Fußball-Europameisterschaft der Frauen, welche zunächst in unregelmäßigen Abständen stattfand. Seit 1997 wird sie alle vier Jahre organisiert. Rekordmeister des europäischen Turniers ist die deutsche Nationalelf, die 1982 nach mehreren gescheiterten Versuchen gegründet wurde. Den ersten Pokal ergatterten sich das Team 1989 durch einen Finalsieg über Titelverteidiger Norwegen. Dieser Erfolg war der Auftakt für den Durchbruch der deutschen Damen im Weltfußball.  

Frauenfußball der Gegenwart

Die FIFA-Frauenweltmeisterschaft findet erst seit 1991 statt und unterstreicht die Dominanz der USA im Frauenfußball. Bisher gewannen die amerikanischen Damen vier Titel. Darunter auch die WM 2019 in Frankreich, in der sie klare Favoriten des Turniers waren. Das US-Team konnte nämlich bereits damals einige der talentiertesten Fußballerinnen der WM aufweisen, wie die Co-Spielführer Alex Morgan und Megan Rapinoe, die neben fußballerischem Können auch viel Erfahrung und Teamgeist mit auf das Feld bringen. Ein wichtiger Grund für diesen Erfolg ist die Dominanz der Frauen im amerikanischen Fußball: Sie sind in vielen Aspekten ihren männlichen Kollegen überlegen, haben eine hochaktive Liga und schneiden in internationalen Wettbewerben deutlich besser ab. Immer noch zieht es zahlreiche europäische Fußballerinnen in die US-Liga, weil sie dort mehr Geld verdienen, keine strukturelle Benachteiligung erleben sowie eine höhere Anerkennung als Sportler für ihre Leistungen in der Gesellschaft genießen.

Frauenfußball in Europa steht dagegen immer noch im Schatten des Männersports. Die Damen in Trikot sind heute zwar ein akzeptiertes, aber noch lange nicht ein ernst genommenes Bild. Während in den Medien die Herrenligen vorherrschen, wird über die Begegnungen der Frauen kaum berichtet. Hartnäckig hält sich das Vorurteil, dass Fußballerinnen auf dem Feld im Vergleich zu Männern langsamere und langweiligere Spiele absolvieren. Auch die aktuellen Qualifikationsspiele der deutschen Frauen für die nächste WM werden kaum besucht, obwohl das deutsche Team mit zwei WM- und acht EM-Titeln deutlich bewiesen hat, dass es zu den Weltbesten im Frauenfußball gehört. Die Begeisterung des Publikums über erfolgreiche Turnierfinalen beschränkt sich meist auf das jeweilige Event und lässt sich kaum auf den Frauenfußball allgemein übertragen. Da hinkt Europa dem US-Beispiel weit hinterher.

Die Geschichte des Frauenfußballs begann im frühen 20. Jahrhundert, als englische und französische Fußballerinnen die Initiative ergriffen, um die ersten Damen-Vereine zu gründen. Doch Benachteiligung und Verbote verhinderten bis in die 70er Jahre die Ausbreitung des Frauenfußballs. In den letzten 50 Jahren wurden diesbezüglich viele Fortschritte gemacht. Inzwischen sind Fußballspiele und -turniere der Frauen ein akzeptiertes Bild im Weltsport. Doch immer noch stehen die Fußballerinnen vielerorts im Schatten ihrer männlichen Kollegen und müssen um Anerkennung kämpfen. Eine Ausnahme im Bild macht der US-amerikanische Frauenfußball und sollte seinem europäischen Pedanten als Vorbild dienen.